Was sind RFID Blocker-Tags? Sollte ich mir sowas besorgen?
What are RFID blocker tags? Should I go and get such a thing?
Blocker-Tags sind elektronische Geräte und sollen die Kommunikation zwischen RFID-Etikett und dem Lesegerät
blockieren, indem sie Störsignale aussenden. Dazu sollen sie genau dann
dazwischenfunken, wenn ein RFID-Etikett auf eine Leseaufforderung hin antwortet.
In der Theorie klingt das erst einmal ganz gut, in der Praxis ergeben sich aber
Schwierigkeiten, sowohl technischer Natur, als auch für den Erhalt der Privatsphäre.
Technisch unvollständiger Schutz
Die Zeitschrift c't [3] hat eine technische Abschätzung dazu
gemacht. Demnach können passive Blocker-Tags ihre Aufgabe nur zum Teil erfüllen,
nämlich nur dann, wenn ein bestimmtes Kommunikationsprotokoll verwendet wird.
Bei einem anderen, weit verbreiteten Protokoll hingegen sind sie nutzlos.
Bei dem Protokoll, das durch Blocker-Tags gestört werden kann, handelt es sich
um das sogenannte Tree-Walking-Protokoll. Damit das Lesegerät jedes RFID-Etikett
erkennen und auslesen kann, grenzt es mit diesem Protokoll den Nummernbereich ein.
Ein Blocker-Tag kann nun bei jeder Abfrage ''hier'' rufen, so daß das Lesegerät den
gesamten Nummernraum durchstöbern muß und dadurch zu lange beschäftigt, sprich: blockiert ist.
Bei dem Protokoll, welches so nicht gestört werden kann, handelt es sich um das
sogenannte Aloha-Protokoll. Dieses wurde ursprünglich Anfang der 1970er Jahre in
einem Funknetz zwischen den Hawaiiinseln eingesetzt, daher auch der Name. Später
fand das Prinzip Einzug in verschiedene Netzwerkprotokolle, wovon Ethernet
vermutlich das bekannteste Protokoll ist. Die Unangreifbarkeit ist in dem
Verfahren zur Kollisionsvermeidung des Aloha-Protokolls begründet. Falls es zu
mehreren gleichzeitigen Sendeversuchen und somit zu einer Kollision kommt, wird
durch das Protokoll sichergestellt, daß die Sender zeitversetzt noch einmal versuchen,
ihre Nachricht zu funken, ohne daß eine weitere Aufforderung durch den Empfänger
(hier das RFID Lesegerät) nötig wäre. Ein passives Blocker-Tag bezieht seine Energie
aus dem Aufforderungsimpuls des Lesegerätes, seine Daten zu senden. Es kann aber
dabei nicht genügend Energie sammeln, um alle aufeinander folgenden Antworten der
normalen RFID-Etiketten durch dazwischenfunken zu stören. Da dies ein prinzipielles
Problem ist, sind Blocker-Tags somit nutzlos.
Der falsche Weg
Selbst wenn der technische ''Schutz'', den die Blocker-Tags bieten, als ausreichend angesehen würde,
ergeben sich weitere Probleme für die Privatsphäre. Man muß, im Gegensatz zu früher,
seine Privatsphäre aktiv schützen. Besorgte man sich nicht selbst ein Gegenmittel, so wäre
man schutzlos und quasi nakt und durchschaubar vor den Lesegeräten und damit vor den Betreibern.
Man müßte sich zudem auf die korrekte Funktion des Gegenmittels verlassen.
Es ist zudem noch gar nicht sicher, daß nicht der Gesetzgeber oder auch ein Ladenbesitzer
ein Blocker-Tag als illegal ansehen wird, weil es ja den Betrieb stören kann. Selbst
wenn Blocker-Tags momentan noch erlaubt sind, ist das keine Garantie, daß sie später,
wenn die Technologie entwickelt und in jedes Geschäft Einzug gehalten hat, verboten werden.
Sie werden vielleicht auch einfach nicht mehr in ein Geschäft eingelassen.
Blocker-Tags können somit nicht die ultimative Lösung zu den wahrgenommenen bösen Seiten von RFID
sein.
RSAs Versuche auf der CeBIT
Allen Bedenken zum Trotz hat die amerikanische Firma RSA Security jüngst die
Verfügbarkeit eines von ihr entwickelten Blocker-Tags angekündigt [1].
Auf der CeBIT 2004 in Hannover hat sie dazu ein Apothekenszenario aufgebaut [2].
Es gibt fiktive Pillen für ''Fitness'', ''Weisheit'' und ''Beglückung'' in kleine Döschen verpackt. Die
Dosenetiketten enthalten ein RFID-Etikett, das die Pillen ausweist. RSA stellt
nun kleine Tütchen (ca. 10x25cm flach gefaltet) mit einem recht großen RFID-tag
(ca. 6x10cm Antennenmaß) zur Verfügung, mit dem man den fiktiven Einkauf
schützen können soll, damit auf der Straße niemand weiß, welche Pillen man
gekauft hat. Dieses tag in der Tüte soll ein Blocker-Tag sein.
Ein Schwindel?
Zumindest das Blocker-Tag in der Tüte ist ein kompletter Schwindel, könnte
man denken, denn erst im Kleingedruckten wird auf ein "demo environment"
hingewiesen, das Ganze sonst aber so präsentiert, als ob es sich um die
bereits fertigen Blocker-Tags handele. Es handelt sich aber um ein
normales RFID-Tag mit eigener Seriennummer (auf 13,56MHz und mit
recht viel verfügbarem freiem Speicher). Hingegen sind die Lesegeräte mit
auf dem RSA-Stand mit einer speziellen Software versehen. Dieser
sind die Seriennummern bekannt. Falls die Lesegeräte nun eine der bekannten Nummern empfangen,
zeigen sie ''BLOCKED'' an, wo sonst der Warenhinweis erscheint. Zudem scheint
das fiktive Blockieren nicht besonders gut zu funktionieren, denn oft zeigten
die Geräte trotz der Anwesenheit des angeblichen Blocker-Tags dennoch die Wareninformation der Pillen
an (anscheinend je nachdem welches tag zuerst gelesen wurde).
Damit ist aber in Bezug auf die Privatsphäre rein gar nichts gewonnen, denn
eine andere Lesesoftware, z.B. beim nächsten Geschäft um die Ecke, kann so die
RFID-Etiketten wie gewohnt weiterhin auslesen.
Auf mehrfaches Nachfragen kam ein RSA-Vertreter der Wahrheit wohl ein Stück näher, es hieß dort:
- Man wolle keine richtigen Blocker-Tags an Cebit-Besucher verteilen, damit
nicht die anderen RFID-Anwendungen auf der Cebit gestört würden. (Ein fadenscheiniges Argument,
wenn man offiziell seine neue Technologie vorführen möchte, es aber so nicht tut.)
- Die richtigen Blocker-Tags seien momentan nur als Software verfügbar.
Es wurde dabei angemerkt, daß die Blocker-Tags nicht nur beim
Tree-Walking-Protokoll, sondern auch beim Aloha-Protokoll wirksam seien.
Diese Aussage bezog sich aber nur auf die tags in den Tüten. Da diese ohnehin
nur ihre eigene Seriennummer ausgeben, also normale RFID-Etiketten sind, ist dies
wohl kein Problem. Über die späteren ''richtigen'' Blocker-Tags war nichts Weiteres zu erfahren.
Die wahren Interessen
Die Tüte ist wörtlich mit ''RSA Security Making the world safe for RFID'' beschriftet
(zu erkennen in der Vergrößerung). Das
sagt ein wenig über die Intentionen aus: RSA möchte anscheinend gar nicht die
Welt vor den von RFID ausgehenden Gefahren schützen, sondern umgekehrt, die Welt
selbst verändern, damit sie ihre RFID-Technik verkaufen können - eine sehr bedenkliche
Sichtweise.
RSA zielt übrigens nicht auf den Endkunden ab. Die Geschäftsstrategie sieht
vor, Lizenzen für die Blockerchips an größere Konzerne, wie z.B. Metro mit seinen
Ladenketten zu verkaufen. Dort könnten sie in die Kundenkarten eingebaut werden, frei nach
dem Motto ''wenn sie unsere Kundenkarte dabei haben, sind sie geschützt''.
Dies wäre ein sehr hinterhältiges Vorgehen, denn die Kundenkarte dient ja
gerade dem Ausweisen gegenüber dem Unternehmen. Lesegeräte in nicht an die die Karte ausgebende Ladenkette
angeschlossenen Geschäften könnten vielleicht tatsächlich blockiert werden im Rahmen
der eingeschränkten technischen Möglichkeiten, in denen das überhaupt möglich ist.
Das Unternehmen selbst aber wird kaum selbst seine Geräte blockieren, sodern einen
Weg freilassen. Dies aber wäre eine ins System eingebaute Lücke, die natürlich auch
von anderer Steite ausgenutzt werden kann. Die ganze Blockiertechnik wäre somit
aber, bis auf eine kurze Anfangsphase vielleicht, nutzlos und damit ohne Sinn.
Weitergehende Kritik
Weitere Kritikpunkte sind im Positionspapier beim FoeBuD e.V.
aufgeführt (suchen Sie dort nach "blocker tags", erstes Vorkommen). Hier nur die dort aufgeführten Punkte in Kürze:
- Blocker-Tags fördern den Einsatz von RFID-Etiketten, indem sie den Konsumenten ein falsches Gefühl der Sicherheit vermitteln
- Blocker-Tags könnten verboten werden, durch Gesetze oder Geschäftspolitik des Handels
- Blocker-Tags bürden den Verbrauchern die Initiative auf
- Blocker-Tags schützen Verbraucher nicht mehr, sobald die Produkte vom Blocker-Tag entfernt werden
- Blocker-Tags fördern die Schaffung von zwei Klassen von Konsumenten
Soll ich mir sowas besorgen?
Um nun die Eingangsfrage ''Soll ich mir sowas besorgen?'' zu beantworten:
Sie können es gern versuchen. Allerdings haben Sie davon gar nichts, weder
eine höhere Sicherheit noch einen Schutz für Ihre Privatsphäre. Es gibt bessere
Möglichkeiten: Helfen und unterstützen Sie Organisationen wie den FoeBuD e.V.,
damit sie sich nicht später vor den großen Konzernen und mit dem Verlust Ihrer Privatsphäre alleine dastehen.
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Interview mit Rena Tangens über ihren CeBIT-Besuch und dortige Podiumsdiskussion auf dem Messestand von RSA Security in Hannover 2004
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RSA Security: ''RSA Security Demonstrates New RFID Privacy Technology: The RSA® Blocker Tag'', 24.02.2004,
http://www.rsasecurity.com/company/news/releases/pr.asp?doc_id=3376
- 2
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Dr. Hans-Peter Schüler, Heise Newsticker, ''RFID-Störsender für Hacker und Verbraucher'', 25.02.2004,
http://www.heise.de/newsticker/meldung/45009
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Peter Schüler, c't magazin für computer technik, Ausgabe 6/2004, Seite 40: ''Schnüffeltechnik ausgetrickst - Ein Störsender verwirrt RFID-Lesegeräte'', ISSN 0724-8679
http://www.heise.de/ct/04/06/040/
Blocker tags are supposed to block the communication between RFID tags and a reading device
by sending out jamming signals. In order to do this the blocker tags send out a signal
at the very moment when a normal RFID tag answers to a reading request.
In theory this sounds all very well at first, but in practice there are problems,
both of a technical nature and for privacy protection.
Technically fragmentary protection
c't, a renowned German computer magazine, found that
blocker tags are and will be only partially usable [3]:
Blocker tags ''jam'' readers by sending out unrequested responses to
reader signals, ''drowning'' out data from the RFID chips actually
addressed. This works best if one of two main protocols, the Tree
Walking Protocol, is being used. This protocol tries to locate
a reduced number space in which the numbers from the RFID tags
in the reading range are situated. A blocker tag will shout ''here''
to each request so that the reading device has to scan the whole
number space and therefore will be occupied (blocked) for too long
trying to find the real RFID tags.
The other protocol, the Aloha Protocol (a classic protocol which
stimulated the development of Ethernet), is and will be
immune to passive blocker tags: because this protocol features
delayed responses, blocker tags will not be able to gather enough
energy to block all consecutive answers following a reading impulse.
Since this is a problem of principle, blocker tags are useless.
The wrong way
Having to rely on blocker tags is also a disadvantage for customers,
because they would actively
have to protect their privacy. Furthermore one has to rely on
the correct functioning of such a device without being able to verify this.
But even if people were to accept the
''protection'' offered by blocker tags, after technology has been
developed and stores have been equipped with RFID installations,
blocker tags could just be banned by law or by store owners not
allowing entrance to people found to carry blocker tags. Blocker tags
cannot be the ultimate solution to the perceived evils of RFIDs.
RSA's trials at the CeBIT
Addressing such concerns, RSA Security recently announced the availability
of a RFID blocker tag [1]. RSA handed out trial specimens that were
pasted into shopping-bags at the CeBIT 2004 trade show in Hannover [2].
They built a pharmacy setting for their demonstration. There were
fictitious pills for ''fitness'', ''wisdom'' and ''happiness'' filled into
small plastic cans. The can labels were each equipped with a normal RFID tag
which showed which kind of pills the respective cans carried. The shopping-bags were intended
for the customer to protect his/her fictitious shopping goods from others
reading about the kind of pills he/she bought. This tag in the bag
was supposed to be a blocker tag.
A fake?
At least the blocker tag from the bag is a fake, as it seems. Only in the
small print it is being referred to as a "demo environment", but otherwise the
whole thing is being presented in a way as if there already were the real and
final blocker tags used. But in reality they are normal RFID tags with their own
serial numbers (sending at 13.56 MHz and equipped
with a lot of memory). The reading devices on the other hand are equipped with a
special software that is aware of the serial numbers of the ''blocker tags''.
If the devices read a well-known blocker tag number, they display ''BLOCKED''
where they would otherwise display some product information. So, even this
fictitious blocking seems not to work well at all, because quite often the
devices show the product information even if a blocker tag is nearby.
And so there is nothing gained at all for privacy, because with a different
reading device software, e.g. at the next shop around the corner, the
RFID tags can still be read as usual.
Furthermore, after a great number of requests a RSA representative explained
- that their blocker tags will not ''drown out'' all possible RFID numbers in order not to interfere
with planned applications and
- that the real blocker tags still are only available as software.
It was also said that the blocker tags were effective not only with the
Tree Walking Protocol, but also with the Aloha Protocol. But this statement
referred to the tags in the bags. Though these are normal RFID tags
and only need to send out their own serial number, this sounds plausible.
But to point this out clearly: This says nothing about the ''real'' blocker tags
of the future.
The true interests
There are the words ''RSA Security Making the world safe for RFID'' printed
on the bag (to be visible from the magnification).
This shows RSA's true intentions: Apparently RSA doesn't want to protect
the world from the dangers and evils of RFID technology but on the contrary
to change the world in such a way that they can sell their technology -- a very questionable
approach.
RSA does not aim towards the customer market directly. Their business strategy says
to sell licenses for the blocker chips to bigger companies such as Metro with its
chain stores. There they could build the blocker tags into loyalty cards and
tell their customers ''with our loyalty card you will be safe and protected''.
This would be a rather perfidious approach, because the loyalty card is made and meant
to disclose one's identity to the company. Perhaps reading devices from stores
of other companies might actually be blocked within the scope and limits
where this can technically be done at all. But the company that hands out
the cards itself will not be willing to block its own devices but to leave
a hole for their own free access to the data. This would be a hole directly built into the
system that certainly could be exploited by others. The whole blocking technique
would thus, perhaps with the exception of a short time at the beginning, be made useless
and, so, not making any sense at all.
Further criticism
More critical points are expressed in a position paper at CASPIAN
(search for "blocker tags", second occurrence). Here are the points in short:
- The blocker tag encourages the widespread deployment of RFID tags by giving consumers a false sense of security.
- The blocker tag could be banned by government directive or store policy.
- The blocker tag adds a burden to consumers.
- The blocker tag fails to protect consumers once products are separated from the blocker tag.
- The blocker tag leads to the creation of two classes of consumers.
Should I go and get such a thing?
To provide an answer to the entry question ''Should I go and get such a thing?'':
You may gladly try to. But there is no benefit in it for you, neither
improved security and safety nor any protection of your privacy. There
are better possibilities: Help and support organisations like FoeBuD e.V.
so you won't have to stand up to and face the big companies and the expiry of your privacy all on your own.
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Interview with Rena Tangens about her CeBIT visit and the panel discussion that was held at the RSA Security stand in Hannover 2004
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RSA Security: ''RSA Security Demonstrates New RFID Privacy Technology: The RSA® Blocker Tag'', 2004-02-24,
http://www.rsasecurity.com/company/news/releases/pr.asp?doc_id=3376
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Dr. Hans-Peter Schüler, Heise Newsticker, ''RFID-Störsender für Hacker und Verbraucher'', 2004-02-25,
http://www.heise.de/newsticker/meldung/45009
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Peter Schüler, c't magazin für computer technik issue 6/2004, page 40: ''Schnüffeltechnik ausgetrickst - Ein Störsender verwirrt RFID-Lesegeräte'', ISSN 0724-8679
http://www.heise.de/ct/04/06/040/
Copyright © 2004: Deutscher Text: Jan E. Hennig, englischer Text: Jan E. Hennig und Harald Manninga, Bilder: FoeBuD e.V.